Über digitale Inhalte sprechen

Literacy.at im Interview mit der Safer-Internet-Expertin Barbara Buchegger.

 

Literacy.at: Frau Buchegger, wenn wir über Literacy und digitales Lesen sprechen, sprechen wir auch über das Lesen im Internet. Sollte Ihrer Meinung nach das Erlernen der sicheren Nutzung des Internets in der Volksschule genauso Platz haben wie das Lesen- und Schreibenlernen?

Barbara Buchegger: Ja, ganz sicher soll es dazugehören. Eigentlich müssten wir schon im Kindergarten ansetzen. Aber in der Volksschule sollte das auf jeden Fall Platz haben. Es ist schließlich eine vierte Kulturtechnik, zu wissen, wie ich mit Onlineinhalten umgehen soll, welche Auswirkungen sie auf mich haben und auch welche Auswirkungen ich auf diese Welt habe.

Welche Auswirkungen hat das sinkende Einstiegsalter darauf, wie Kinder heutzutage das Internet nutzen oder auch verstehen?

Das ist sehr schwer zu sagen, weil es davon abhängt, wie den Kindern Dinge von ihren Eltern oder erwachsenen Bezugspersonen erklärt werden. Die Kinder, die Ansprechpersonen haben, bei denen das Internet auch zu Hause oder in der Schule Thema ist, die gehen mit den Herausforderungen sehr kompetent um, merken manchmal nicht einmal, dass sie sich vielleicht in kritischen Situationen befinden, weil sie intuitiv wieder herausfinden. In letzter Zeit bemerken wir leider, dass Kindern – gerade im Volksschulalter – weniger Bezugspersonen zur Verfügung stehen, die mit ihnen über die digitale Welt reden, als noch vor einigen Jahren. Es ist aber dringend notwendig, dass Eltern, Lehrende, erwachsene Bezugspersonen ganz viel mit den Kindern über digitale Inhalte, die ihnen begegnen, sprechen und ihnen helfen, diese einzuordnen, ihnen Möglichkeiten aufzeigen, diese auch gut für sich selbst zu nutzen.

Saferinternet.at unterstützt Kinder und Erwachsene beim Umgang mit digitalen Medien. Welche Themen im Safer-Internet-Kontext beschäftigen Kinder und Jugendliche zurzeit Ihrer Erfahrung nach?

Das reicht von Games, bei denen Kinder dazu verführt werden, Geld auszugeben, und dies auch in großem Ausmaß tun, bis hin zu dem Bereich „Bewerten von Informationen“, wo mittlerweile auch durch künstliche Intelligenztools viele neue Inhalte generiert werden, die schwierig zu beurteilen sind.

Bleiben wir bei dem Beispiel künstliche Intelligenz und ChatGPT und wie damit umgegangen wird.

Lehrende warnen vor der Nutzung von ChatGPT, machen den Schüler:innen Angst, dass das Schummeln sei, und drohen den Kindern, dass sie ihnen dahinterkommen, was natürlich nicht stimmt. Wenn Kinder die Tools geschickt nutzen oder Dinge umschreiben, wird keine Lehrkraft dahinterkommen. Dieser Weg der Drohung ist einer, der nicht zielführend ist. Vielmehr müssten wir den Kindern und Jugendlichen – wie bei Wikipedia und Suchmaschinen auch – beibringen, wie sie diese Tools nutzen können, wo sie sinnvoll eingesetzt werden können, ihnen aber auch deren Grenzen aufzeigen.

Neben der künstlichen Intelligenz scheinen auch Influencer immer noch ein großes Thema zu sein.

Mehr denn je. Eine neue Studie der Universität Graz zeigt, dass 40 % aller Kinder und Jugendlichen, die befragt wurden, bei Online-Spielen Geld ausgeben. Und nicht nur, weil die Spiele so aufgebaut sind, dass man nicht weiterkommt [ohne dass man sich ein nächstes Level erkauft, Anm.], oder weil die Freunde einen veräppeln, wenn man [bzw. der Avatar, Anm.] nicht das entsprechende Aussehen/Outfit hat, sondern weil Influencerinnen und Influencer in den sozialen Netzwerken sehr aggressive Werbung für das eine oder andere [Tool in den Games, Anm.] machen.

Cyber-Mobbing wird aber wohl erst in der Sekundarstufe zum Thema …?

Nein. Lehrkräfte sind der Meinung, die Kinder seien noch zu jung, um in WhatsApp zu sein, das passiere am Nachmittag, das gehe sie nichts an. Nein, so ist es nicht, es geht die Lehrenden etwas an, weil es im Schulumfeld passiert und ein Cyber-Mobbing-Fall den Unterricht massiv beeinflusst. Je früher man als Lehrkraft eingreift, mit den Kindern darüber redet und Regeln für WhatsApp (oder welche sozialen Netzwerke auch immer sie nutzen) vereinbart, desto weniger Probleme gibt es und desto leichter ist es, Konflikte aufzugreifen und zu lösen. Damit gibt man den Kindern etwas ganz Wichtiges für ihren späteren Lebensweg mit.

Welche Workshops bietet Saferinternet.at an, für wen werden sie angeboten und wie kann man diese buchen?

Wir bieten Workshops für alle an, die wollen oder müssen [lacht]. Im Kindergarten sind es die Eltern und die Pädagog:innen, aber ab der Volksschule gibt es auch Workshops für Schülerinnen und Schüler. Die Volksschule und Sekundarstufe 1 sind unsere Hauptzielgruppen. Buchen kann man uns auf der Seite www.saferinternet.at, und zwar unter dem Veranstaltungsservice. Da findet man alle näheren Informationen.

Interview: Michael Achleitner

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